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KI konkret: Positive Erlebnisse in der Mensch-KI-Interaktion

Jeder spricht zurzeit davon: Künstliche Intelligenz (KI). Wenn Du mitreden möchtest, solltest Du unsere Serie „KI konkret“ zu dem Zukunftsthema nicht verpassen. Im vierten Teil erklärt Michael Burmester, wie UX Designer die Mensch-KI-Interaktion positiv gestalten können. Welche bekannten Methoden und Prinzipien lassen sich übertragen? Und wo brauchen wir neue Methoden und Hilfsmittel?

UX ist nicht gleich Usability. Wer ein Produkt mit einer positiven UX gestalten will, muss anders vorgehen, als jemand der dessen Usability optimiert. Bevor wir mit dem Thema KI loslegen, widmen wir uns daher noch mal den zentralen Aspekten von UX.

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Positive Emotionen

Anders als bei Usability geht es bei UX nicht darum, Nutzer effektiv und effizient an das Ziel zu führen. Vielmehr dreht sich alles um positive Emotionen. Jeder Mensch hat psychologische Bedürfnisse wie das Streben nach Autonomie und den Wunsch, sich kompetent sowie mit anderen verbunden zu fühlen. Dabei geht es nicht um konkrete Anforderungen oder Bedarfe – diese Bedürfnisse sind grundlegender. Werden diese Bedürfnisse während der Nutzung eines Produkts erfüllt, entstehen positive Emotionen und damit positive Erlebnisse. Gute Usability kann negative Emotionen verhindern, sorgt aber nicht für positive Erlebnisse.

Positive Erlebnisse

Technologie wird meistens als Werkzeug betrachtet, um bestimmte Probleme des Nutzers zu lösen. Wer Produkte mit positiver UX gestaltet, versucht hingegen, dem Nutzer positive Erlebnisse bei der Nutzung zu ermöglichen. Beispielsweise führt uns ein Navigationsgerät zielsicher durch eine fremde Stadt – es löst ein klares Problem. Geocaching dagegen nicht. Es geht rein um den Spaß und die Freude am Suchen und Finden von versteckten Gegenständen per GPS.

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UX Modelle

Um Produkte mit guter Usability zu entwickeln, befragen Experten Nutzer, was sie tun wollen und welche Probleme sie haben. Um positive Erlebnisse zu gestalten, haben sich drei wissenschaftlich fundierte UX Modelle etabliert. Diese beschreiben und kategorisieren verschiedene Bedürfnisse, Emotionen und Erlebnisse. So bestimmte Marc Hassenzahl zusätzlich zu den bereits oben genannten Bedürfnissen Kompetenz, Autonomie und Verbundenheit weiter Stimulation, Popularität, Sicherheit und Bedeutsamkeit. Pieter Desmet definierte 25 positive Emotionen und teilte sie in neun Gruppen ein wie Zuneigung (z. B. Liebe), Erfüllung (z. B. Befriedigung), Empathie (z. B. Freundlichkeit), Interesse (z. B. Inspiration), Selbstsicherheit (z. B. Stolz), Vergnügen (z. B. Freude), Verlangen (z. B. Begierde) und Angeregt werden (z. B. Überraschung).

Ein drittes UX Modell sind die Erlebniskategorien. Sie entstanden aus mehreren hundert Interviews. In diesen berichteten Nutzer von Situationen im Arbeitskontext, die sie positiv erlebten. Diese Erlebnisse wurden in 17 Erlebniskategorien zusammengefasst und in sechs Gruppen eingeteilt: Resonanz (z. B. Feedback bekommen), Unterstützung (z. B. Helfen), Herausforderung (z. B. Herausforderung), Kompetenz (z. B. Kreativität erleben), Organisation (z. B. etwas erledigen), Kommunikation und Erfahrungsaustausch (z. B. gemeinsam etwas schaffen).

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Karten als Gestaltungshilfsmittel

Die Bedürfnisse, Emotionen und Erlebnisse wurden in Kartenform aufbereitet, die ihre Eigenschaften benennen. So beschreiben beispielsweise die Bedürfniskarten von Marc Hassenzahl die Gefühle, die mit dem Bedürfnis verbundenen sind, Eindrücke von Produkten, die das Bedürfnis erfüllen, und typische Äußerungen von Nutzern, die die Erfüllung des Bedürfnisses erleben. Die Karten vermitteln Gestalter ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse, Emotionen und Erlebnisse und inspirieren zu UX-Ideen. UX Designer können die Karten in Workshops einsetzen:

Mit ihrer Hilfe untersuchen sie, welche Bedürfnisse, Emotionen oder Erlebnistypen in ihrem konkreten Nutzungskontext erfüllt werden könnten, und entwickeln dann erste Ideen hierzu. Dieses Vorgehen eignet sich prinzipiell dazu, positive UX zu gestalten. Doch vor allem KI bietet hervorragende Voraussetzungen, Nutzern positive Emotionen und Erlebnisse zu ermöglichen. Warum? Das zeigen die folgenden Beispiele:

Daten auswerten und Nutzen

Im Unternehmen liegen viele Daten vor, was einzelne Mitarbeiter wann bearbeitet haben. Mit Hilfe von KI lassen sich diese gezielt nutzen, um positive Erlebnisse für die Mitarbeiter zu gestalten – beispielsweise damit sich Mitarbeiter als wirksam erfahren. So könnte der Algorithmus bestimmte Infos ableiten und dem Mitarbeiter zurückmelden wie „Heute hast du sieben Kundenverträge bearbeitet. Das sind zwei mehr als der Durchschnitt der letzten zwei Wochen“. Wichtig: Diese Infos sollte aus Datenschutzgründen nur der einzelne Mitarbeiter sehen. Außerdem dürfen die Mitarbeiter nicht miteinander verglichen werden. Alles andere wäre kontraproduktiv.

Vernetzte Daten

Mitarbeiter tragen gern zu „etwas höherem bei“: Wie profitieren andere von ihrer Arbeit? Wie wirken sich die Arbeitsergebnisse auf das eigene Unternehmen und die Kunden aus? Vernetzte Daten können darauf Antworten geben und so zu einem Erlebnis von Sinn in der Arbeit beitragen.

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Zusammenarbeit mit KI

Ein gutes Gefühl bekommt man auch, wenn man als Team funktioniert und gemeinsam etwas schafft. Das gilt nicht nur, wenn der Teampartner ein anderer Mensch ist, sondern auch für die Kooperation mit einem KI-System (siehe „Mensch-Roboter-Interaktion – Vom Werkzeug zum Partner“). Wichtig ist, dass die KI Wissen darüber aufbauen und verdeutlichen kann, wie die Arbeiten des Nutzers und der KI zu einem gemeinsamen Ergebnis beitragen.

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Fazit

KI ist keine neue Technologie. Sie erlebt aber gerade ihren zweiten Frühling. Auch die Forschung zu positiver UX steckt noch in den Kinderschuhen, entwickelt sich aber stetig weiter. Kombiniert man beides, ist klar, dass es noch viele Ideen und Ansätze braucht, bis die Wirkung und Wirksamkeit hinreichend erforscht ist. Jedoch zeigen die hier vorgestellten Hilfsmittel und Beispiele, in welche Richtung die Reise geht: Mit ihnen können UX-Designer die Mensch-KI-Interaktionen positiv gestalten.

Der Autor

Prof. Dr. Michael Burmester ist Principal Scientific Advisor bei UID. Seit 2002 ist Dr. Michael Burmester Professor für Ergonomie und Usability im Studiengang Informationsdesign an der Hochschule der Medien (HdM) in Stuttgart. Er forscht zu Methoden menschzentrierter Gestaltung und positiver User Experience. Kern der aktuellen Forschungsarbeiten ist positive User Experience in modernen Arbeitskontexten, wobei jeweils aktuelle technologische Entwicklungen, wie Künstliche Intelligenz, Virtual Reality, Augmented Reality etc. einbezogen werden. An der HdM leitet er das User Experience Research Labs (UXL) und die Forschungsgruppe „Information Experience and Design Research Group" (IXD) und ist Koordinator des durch das Bundeswirtschaftsministerium geförderte Mittelstand 4.0-Kompetenz-Zentrum Usability.

Der Autor Michael Burmester